Kunstgüter
Die Kunstgüter des Kirchorts Martinsthal
Der Kunsthistoriker Alexander Wißmann hat die Kunstgüter unseres Kirchorts inventarisiert, fotografiert und beschrieben.
Die einzelnen Figuren müsssen gereinigt, überarbeitet oder restauriert werden, damit sie wieder in die dann reaktivierte Alte Kirche übernommen werden können. Zurzeit werden dazu Angebote von Restauratoren eingeholt.
Der Verwaltungsrat würde sich über Spenden für diesen Zweck freuen:
Bankverbindung: Naspa Eltville IBAN: DE86 5105 0015 0461 0004 36;
Verwendungszweck: Projekt-Nr. 917041 - Spende Kunstgüter Martinsthal
Bei Spenden ab 200 € erhalten Sie eine Zuwendungsbescheinigung für Ihre Steuererklärung, ansonsten genügt der Kontoauszug als Nachweis gegenüber dem Finanzamt.
Pieta
Datierung: 18. Jahrhundert.
Künstler: Unbekannt.
Material: polychromiertes Holz.
Zustand: Gut.
Sie ist 1971 von Hans Jakob Steinlein gereinigt worden. Die Farbfassung wurde dabei erneuert. Die Farbfassung stammt vielleicht aus dem 19. Jahrhundert. Im Sommer 1971 brachte die Familie Kopp die Figur der schmerzhaften Muttergottes aus der Roder Kapelle in das Pfarrhaus. Die Familie habe bei Feldarbeiten bei der Kapelle bemerkt, dass auf dem Altärchen ein Feuer gelegt worden war und das Altartuch völlig verkohlt gewesen sei. Die Figur der schmerzhaften Muttergottes habe keinerlei Schäden gehabt, sei aber aus Sicherheitsgründen mitgenommen worden. Durch die Rußbildung sei sie etwas verschmutzt gewesen.
Vgl. Pieta in der Kath. Kirche von Niederwalluf, die ebenfalls aus der Roder Kirche stammen soll und im 17. und 18. Jahrhundert Ziel einer Wallfahrt gewesen sein soll. Die Pietà vom Rödchen wurde beim Abriss der Klosterkirche an die Gemeinde von Oberwalluf geschenkt. Aus unbekannten Gründen kam sie im 20. Jahrhundert nach Niederwalluf in die Kirche und befindet sich heute dort auf einem Seitenaltar.
Pfarrer Johannes Zaun berichtet, dass sich in der Roder Klosterkirche zwei Holzbilder der schmerzhaften Muttergottes befunden haben sollen, wovon eines das Gnadenbild war zu dem die Wallfahrten gingen. Als Gnadenbild wird immer das größere Bild angesprochen, das Pfarrer Zaun noch in 1878 Oberwalluf gesehen hat und das heute in Niederwalluf ist.
Stilistisch ist die Figur ins 18. Jahrhundert zu datieren. Bis 1971 stand die Figur auf dem Altar der nach dem Abriss der Klosterkirche gebauten Kapelle. Die Martinsthaler hatten das Gnadenbild, die Pietà vom Rödchen, die sich heute in Niederwalluf befindet, für ihre Kirche angeboten bekommen, sie allerdings abgelehnt, weil es Unglück bringe, ein Gnadenbild aus einem säkularisierten Kloster mitzunehmen. So erhielt die weitaus ärmere Gemeinde Oberwalluf das Gnadenbild.
Hatten die Martinsthaler es sich vielleicht doch anders überlegt und wenigstens das kleinere Bild übernommen? Oder behielt man, nachdem die größere Figur weggegeben war, für den Kapellenneubau das kleinere Exemplar bei?
Diese in Martinsthal befindliche kleinere Ausführung der schmerzhaften Muttergottes aus Rode beweist, dass die heute in Niederwalluf befindliche Pieta tatsächlich Ziel der Wallfahrten gewesen ist, denn für Martinsthal ist überliefert, dass die Jungfrauen des Ortes jährlich nach Rode gewallfahrtet sind, um der Schmerzhaften Muttergottes ihre Anliegen zu bringen. Insbesondere wurde um Schutz gegen Frauenkrankheiten gebeten. Aus diesem Grund wird man an Ort und Stelle der abgerissenen Klosterkirche das kleinere Bild in die Kapelle gestellt haben. Auch nach dem Abriss der Klosterkirche gingen Prozessionen zur kleinen Flurkapelle, wo sich die kleine Holzskulptur befand. Aus religioshistorischem Wert, aber auch aufgrund der künstlerischen Qualität des Bildes, denn die Gebetshaltung der schmerzhaften Muttergottes ist im Rheingau äußerst singulär, sollte die Holzfigur einen priviligierten Platz in der Alten Kirche bekommen.
Heiliger Sebastianus

Der heilige Sebastian in Ritterrüstung und Umhang.
Datierung: um 1905.
Künstler: Hans Steinlein (* 1872 in Trier, ? 1958 in Eltville).
Material: Teilvergoldetes und polychromes Holz.
In der rechten Hand hält er eine Hellebarde, in der linken Hand Reste von zwei gekreuzten Pfeilen. Es handelt sich um eine neugotische Figur, die den römischen Legionärshauptman Sebastian gern in eine mittelalterlich anmutende Rüstung transferiert hat. Die Hellebarde zählt ebenfalls zu dieser romantisierten Auffassung. Die gekreuzten Pfeile sind ein konkreter Bezug auf das Gemeindewappen von Martinsthal und den Schlußstein der alten Kirche, was dieser Skulptur eine gewisse Originalität gibt.
Allerdings: Die Pfeilspitzen sollten ergänzt werden. Die Figur soll in die alte Kirche überführt und im Chorraum Aufstellung finden.
Die Rüstung dieses Heiligen Sebastian findet sich vorgebildet in der Figur des Heiligen Georg vom selben Künstler in Kiedrich, St. Valentinus und Dionysius. Dieser hält in seiner rechten Hand eine sehr ähnliche Hellebarde. Die Rüstung in Martinsthal weist weitaus weniger Detailreichtum auf, was darin begründet liegen könnte, dass die Figur in Martinsthal wesentlich kleiner ist als die Statue des Hl. Georg in Kiedrich. Die Beinschienen sind identisch, das unter dem Harnisch hervortauchende Kettenhemd auch.
Heiliger Laurentius von Rom

Datierung: um 1905.
Künstler: Hans Steinlein (* 1872 in Trier, ? 1958 in Eltville).
Material: Teilvergoldetes und polychromes Holz.
Zustand: Die Finger der rechten Hand sind größtenteils abgebrochen, ansonsten gut.
Der heilige Laurentius ist der zweite Patron der Martinsthaler Kirche. Er trägt ein Diakongewand, hält ein geöffnetes Buch (Evangelium) in der linken Hand und den Rost, auf dem er gemartert worden ist, in seiner rechten Hand. Diese neugotische Arbeit erinnert stark an Vorbilder aus der Gotik.
Wie sehr sich Steinlein an gotische Vorbilder anpassen konnte beweisen seine Skulpturen in der Michaelskapelle in Kiedrich, die man ohne weiteres als gotische Bildwerke ansprechen könnte. Vgl. Skulptur desselben Heiligen vom selben Bildhauer in der Michaelskapelle in Kiedrich von 1912. Zwischen der Figur in Martinsthal und Kiedrich bestehen kaum Unterschiede. Die Martinsthaler Figur ist allerdings etwas freier in ihrer Auffassung.
Die Figur stand zusammen mit den anderen auf dem alten Hochaltar der Martinsthaler Kirche von 1905, weshalb die Figur zeitlich um 1905 datiert werden kann. Über den Hochaltar und die Figuren schweigt sich das Pfarrarchiv in Martinsthal aus.
Heiliger Georg von Kappadokien

Datierung: um 1905.
Künstler: Hans Steinlein (* 1872 in Trier, + 1958 in Eltville).
Material: Teilvergoldetes und polychromes Holz.
Der Zustand ist gut. Der heilige Märtyrer Georg, Patron des Bistums Limburg. Die Lanze, die er ursprünglich in der Hand gehalten haben muss, ist verloren. Mit der linken Hand hält er seinen Schild. Zwischen seinen Fersen hat er den Drachen gepresst, dessen Maul von der nicht mehr vorhandenen Lanze durchstoßen wird.
Die Figur ähnelt dem Hl. Georg von Hans Steinlein (1900) in Kiedrich, St. Valentinus und Dionysius.
Heiliger Bonifatius

Datierung: um 1905.
Künstler: Hans Steinlein (* 1872 in Trier, ? 1958 in Eltville).
Material: Teilvergoldetes und polychromes Holz.
Zustand: Der Schwertknauf ist abgebrochen, ansonsten gut.
Die Figur stand ehemals auf dem Hochaltar der alten Kirche, nachdem die Retabel der Barockzeit entfernt worden waren. Die Skulptur soll in die alte Kirche überführt und im Chorraum Aufstellung finden.
Vom dem abgebrochenen Schwertknauf abgesehen, befindet sich die Skulptur in einem guten Zustand. Sie ist eine einfachere neugotische doch recht ansprechende Arbeit, z.B. das quer im aufgeschlagenen Buch steckende Schwert. Als Urheber der Figur kommt Hans Steinlein in Frage.
Eine sehr ähnliche Figur von Steinlein befindet sich in Kiedrich, St. Valentinus und Dionysius (1900). Sie ist wesentlich größer und eleganter in der Ausführung und älter, so dass die Kiedricher Darstellung des Hl. Bonifatius die jüngere Replik in Martinsthal beeinflussst hat.
Die geringere Qualität der Martinsthaler Figur lässt sich dadurch erklären, dass Steinlein in dem Fall für eine kleinere und ärmere Dorfkirche arbeitete als im Fall von Kiedrich. Am direkten Vergleich wird der Qualitätsunterschied deutlich:
Die weitaus reicher verzierte Mitra, die verzierten Handschuhe, das weitaus lockigere Haar, die Falten im Gesicht des Heiligen, der verzierte Buchrücken sowie das mit Muster dekorierte Pluviale.
In mehr als einem Fall lassen sich die Figuren von Martinsthal mit den Figuren in Kiedrich direkt vergleichen.
Kreuzweg
Datierung: 1934.
Künstler: Unbekannt.
Material: farbig gefasster Terracotta
Gattung: Skulptur, Relief.
Zustand: Im Allgemeinen recht gut. An einigen Stationen ist an mehreren Stellen die Farbe abgeplatzt. Manchen Figuren fehlen Finger, z.B. Pontius Pilatus (1. Station)
Die Kreuzwegstationen hingen bereits in der alten Kirche an den Seitenschiffwänden. Laut Pfarrchronik der Pfarrei Martinsthal wurden die Keramik-Tafeln des Kreuzwegs von Pfarrer Adam Schwarz (Amtszeit: 1925-1937) im Jahr 1934 angeschafft. Sie wurden beim Neubau in die neue Kirche von Martinsthal (St. Martin) übertragen. Die Kreuzwegstationen sollten beim Bezug der alten Kirche von Martinsthal wieder ihre Aufstellung im Kirchenschiff finden.
Die Kreuzwegstationen sind von herausragender Qualität. Auffällig ist, dass an jeder Station ein anderer Henkersknecht auftaucht. Das ist meines Erachtens recht ungewöhnlich. Manche tragen ein mittelalterliches Kettenhemd, andere sind bewaffnet, manche Henker sind durch den mittelalterlichen Judenhut als solche gekennzeichnet. Die dritte Station fällt durch einen knienenden lächelnden kleinen Jungen auf, dem sich der auf Knien gestützte Christus zugewendet hat. Christus greift an die Stelle, wo sich sein Herz befindet. Der Henker der 6. Station ist in seinem Gesichtsausdruck besonders gelungen. Er zieht vor Christus und der Hl. Veronika eine hässliche Grimasse.